Botschaftsgespräch

Botschaftsgespräch zur belgischen Ratspräsidentschaft

von Dr. Hans Jörg Schrötter (schroetter(at)europa-union-berlin.de)

Exklusivität – sie ist das Markenzeichen unserer traditionellen Botschaftergespräche. Zweimal jährlich finden sie in der Botschaft des Landes statt, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat. So waren wir am 16. April 2024 zu Gast bei S. E. Geert Muylle, dem Botschafter des Königreichs Belgien. Eingeladen hatte die Europa-Union Berlin e.V. gemeinsam mit der belgischen Botschaft in Deutschland und den Jungen Europäischen Föderalist:innen Berlin-Brandenburg e.V.

„Wir sind zu Gast bei Freunden“ – so begrüßte die Co-Vorsitzende der Europa-Union Berlin Katharina Borngässer rund 80 Gäste im eindrucksvollen Rundsaal des Botschaftsgebäudes in der Berliner Jägerstraße. Seit 75 Jahren sei es das Ziel der EUB, die Menschen von Europa zu begeistern. Auch in schwierigen Zeiten ziehe man an einem Strang – und kämpfe nun für eine rege Wahlbeteiligung bei der kommenden Europawahl. Auch der Vorsitzende der JEF, Dominik Geier, dankte dem Botschafter für das wertvolle Gesprächsangebot. So wie sich die JEF täglich für die Zukunft Europas einsetze, so seien auch die Belgier keine „Schönwetter-Europäer“; das Land habe während seiner Präsidentschaft Maßstäbe gesetzt, an denen sich „Nachfolger“ Ungarn orientieren könne.

Zum 13. Mal, so der Botschafter nicht ohne Stolz und in fließendem Deutsch, richte Belgien die Ratspräsidentschaft aus. Die Entwicklung seines Landes sei eng mit der europäischen Integration und den Vorgaben einer dem Recht, dem Frieden und der Sicherheit verpflichteten Gemeinschaft verbunden. Seit mehreren Jahren durchlebe die Union eine „Multi-Krise“; die belgische Ratspräsidentschaft stehe daher unter dem Motto „Schützen, Stärken, Vorausschauen". Als zentrale Aufgaben nannte er einerseits das Ziel, rund 70 gesetzgeberische Vorhaben möglichst bis Ende Juni abzuschließen, und andererseits, die Zukunft – genauer: ein Arbeitsprogramm für die neue EU-Kommission – vorzubereiten. Dazu zähle auch das zentrale, wenn auch längerfristige Thema der EU-Erweiterung; an den Kopenhagener Kriterien dürfe es keinerlei Abstriche geben.

Gespannt lauschten die Gäste, als er die Prioritäten seines Landes darlegte. Sie reichten

  • von Werten wie Demokratie, Freiheit und Einheit, die es zu leben gelte, über
  • die Unabdingbarkeit des kompetitiven Wettbewerbs,
  • die soziale Dimension in der Wirtschaftspolitik,
  • Lehren aus der Medikamenten-Knappheit der Coronazeit,
  • das Implementieren des kürzlich erreichten Asyl- und Migrationspaktes, was nicht ohne Gespräche mit Drittstaaten erfolgreich sei,
  • bis hin zu einer präsenteren Außenpolitik, namentlich mit dem Fokus auf den für Europa extrem wichtigen afrikanischen Kontinent.

Im Mittelpunkt des Abends stand das Gespräch des Botschafters mit dem Moderator Florian Staudt, Mitglied im Vorstand der EUB, der nun das Publikum einbezog mit der Frage: „Was verbinden Sie mit Belgien?“ Bunte Antworten schwirrten über eine große Leinwand – von „Pommes“ und „Hauptstadt Europas“ über „Gutes Essen und Trinken“ und „Schlümpfe“ bis „Pralinen“ und „Tintin“.

Dann standen europäische Themen im Vordergrund. Das Publikum nutzte seine Chance, die Fragen sprudelten. Es ging um Industriepolitik, erneuerbare Energien oder das überforderte Asylsystem, das nur durch Steuerung zu retten sei. Sollten die Vereinigten Staaten von Europa nach belgischem oder nach deutschem föderalen Vorbild entstehen? Der Botschafter antwortete ohne Zögern: nach keinem der beiden. Die EU sei ein Konstrukt eigenständiger Art, sie müsse von unten nach oben wachsen. Was er sich wünsche? Echten Zusammenhalt, mehr Reformen, weniger Populismus; vor allem müsse Europa sozialer und handlungsfähiger werden.

Er entließ uns mit dem Appell: Geht auf die Straße und verbreitet die europäische Botschaft. Die Menschen müssen wissen, wofür sie am 9. Juni zur Wahl gehen!


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