Dem Jahrhundertregen zum Trotz - die Jahreshauptversammlung

Bei doppelt so viel Regen wie sonst in einem Juni und einem von der Berliner Feuerwehr verhängten Ausnahmezustand schwammen zahlreiche Mitglieder der Europa-Union Berlin regelrecht zur diesjährigen Jahreshauptversammlung in die Europäische Akademie Berlin. Durch das Wetter- undVerkehrschaos lief es alles andere als nach Plan, aber der langjährig erprobte Sitzungsleiter, Rainer B. Giesel, ließ sich nicht beeindrucken, änderte den Ablauf der Versammlung und zog die Diskussion zur Zukunft Europas vor.

EU Zukunftsdiskussion mit Richard Kühnel (Europäische Kommission), Linn Selle (Präsidiumsmitglied der Europa-Union Deutschland und "Frau Europas 2014") und Moderatorin

Herauszufinden galt es, welche Bewährungsproben Europa in naher Zukunft meistern muss und welche Lösungsansätze das Weißbuch der Europäischen Kommission dabei liefern kann. Im Rahmen seines Impulsvortrages skizzierte Richard Kühnel, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, die äußeren und inneren Herausforderungen, vor denen die EU im Sommer 2017 steht. Kühnel erläuterte, warum die Kommission es für notwendig erachtete, ein Weißbuch zur Zukunft Europas zu verfassen und sich dabei nicht auf ein Wunschszenario festlegen wolle. Das Weißbuch solle Grundlage der Diskussionen über die Zukunft der EU sein, an der sich die Zivilgesellschaft aber auch die Regierungen der Mitgliedstaaten beteiligen sollen. Anschließend stellte er kurz die fünf Szenarien des Weißbuches vor. 


Anette Riedel, Redakteurin beim Deutschlandfunk, moderierte die sich anschließende die Diskussion mit Richard Kühnel und Linn Selle, Mitglied des EUD Präsidiums. Vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahlen in Frankreich bat sie um die Einschätzung, wie wichtig die Zusammenarbeit beider Staaten für die EU sei. Richard Kühnel betonte, dass eine enge Zusammenarbeit in vielen Fragen von großer Bedeutung sei, allerdings bekräftigte er auch, dass dabei die anderen Staaten mitgenommen und nicht abgehängt werden dürften. Gleiches gelte für die europäischen Institutionen. Linn Selle betonte wie wichtig es sei, die „kleinen“ Staaten nicht außen vor zu lassen.
 
Neben Fragen zu den Brexitverhandlungen diskutierten die Podiumsgäste über Solidarität in Europa und den EU-Haushalt. Selle und Kühnel waren sich einig, früher wurde mehr Solidarität innerhalb der Europäischen Union geübt. Um die Lage zu verbessern, müssten sich entsprechende Mechanismen auch im EU-Haushalt wiederfinden – insbesondere um Themen wie Migration und Arbeitslosigkeit effektiv und solidarisch bearbeiten zu können, forderte Selle. Richard Kühnel ergänzte, dass eine Debatte über den Zusammenhalt und die Solidarität in Europa nach dem Brexit ohnehin zwingend zu führen sei. Auf die Frage hin, ob Solidarität denn verordnet werden könne, folgte ein einhelliges und ausdrückliches Nein. Selle betonte, dass Solidarität aber sehr wohl in Zusammenhang mit Konditionalitäten stehen könne. Die Auszahlung von EU-Mitteln könnten zum Beispiel an die Aufnahme von Flüchtlingen geknüpft werden. Selle und Kühnel sehen große Chancen, dass im Jahr 2018 entscheidende Reformen in der EU angestoßen werden können. „Bei mir hat ein Bauchgrummeln der Vorfreude und positiven Erwartungshaltung eingesetzt“, so Kühnel.

Nach Ende der Diskussion folgten ein kurzer Rechenschaftsbericht unser Landesvorsitzenden Dr. Silvia-Yvonne Kaufmann und des Schatzmeisters Markus Pauzenbergers. Die vor einem Jahr initiierte EUBaktiv-Gruppe berichtete über ihre Aktivitäten im vergangenen Jahr. Mit ihren Angeboten verzeichnete die Gruppe bereits einige Erfolge, möchte aber daran arbeiten mehr Mitglieder in Berlin zu aktivieren und neuen Schwung ins Engagement zu bringen. Bei einem Glas Wein und intensiven Gesprächen ließen die Mitglieder ihre Jahreshauptversammlung ausklingen.