Prof. Michaele Schreyer, ehemalige EU-Kommissarin für Haushalt, ging dabei auf die Geschichte des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) ein, der seit dem Lissaboner Vertrag Pflicht ist. Anstatt jedoch zukunftsorientiere Schwerpunkte beim Haushalt zu setzen, so wie es der Kommissionsvorschlag vorsah, der insbesondere die Vernetzung Europas (Internet, Schiene, Wissen) vorantreiben wollte, feilschten die Regierungschefs im Rat nach wie vor hauptsächlich um den Nettobeitrag jedes Mitgliedslandes und verteidigten ihre nationalen Rabatte.
Ob dieses Vorgehen eine kluge Antwort auf die Herausforderungen der Agenda 2020 ist, wollte Schreyer nicht bejahen. Das Europäische Parlament (EP) hat nach wie vor geringe Einflussmöglichkeiten und es bleibt abzuwarten, inwieweit es diese zu nutzen versteht. Eine Einigung mit dem EP im Juni ist nicht mehr zu erwarten.
Es droht ein Verlust der Legitimation
Peter Becker Ewald König von der Stiftung Wissenschaft und Politik analysierte in seinem Vortrag die Schwierigkeiten bei der Aufstellung des MFR, der kein Haushalt ist, der sich aus Steueraufkommen speist, sondern im Wesentlichen aus Zuwendungen der Mitgliedsstaaten besteht. Daher werden institutionelle Konflikte zwischen den Staaten auch über diesen Finanzrahmen ausgetragen und jedes Mitgliedsland wacht über seinen Nettosaldo, das aber im Grunde keine wirkliche Aussagekraft hat. Auf diese Weise werden lediglich Positionen zementiert, was langfristig zu einem Verlust an Legitimation und an Zustimmung zur EU in der Bevölkerung führt.
Um neue Prioritäten einzufügen, wurde der EU-Haushalt früher einfach vergrößert. Das ist heute nicht mehr möglich. Man versucht deshalb, über Umschichtungen innerhalb bestehender Budgetpositionen Schwerpunkte zu setzen. Dieses Verfahren ist aber intransparent und beseitigt den grundsätzlichen Reformstau nicht.
Der erfolgreiche Einsatz von Mitteln zählt
In der anschließenden Diskussion verteidigte Andreas Lux als Vertreter der Bundesregierung die deutsch-britische Initiative des „Better spending“, wozu er die makroökonomische Konditionierung zählt. Das heißt: Die Möglichkeit, Mittel zu kürzen oder zu streichen, wenn sie nicht sinnvoll verwendet werden. Auch die im Rat vereinbarte siebenprozentige Leistungsreserve, die nur ausgezahlt wird, wenn die Mittel erfolgreich verwendet wurden, zählt er zum Konzept des „Better spending“.
Dagegen wandte sich Reiner Kneifel-Haferkamp vom Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten in Brandenburg. Er nimmt diese Maßnahmen als Instrumente zur Bestrafung wahr. Kneifel-Haferkamp warnte davor, immer weniger von den Fördermitteln der EU Gebrauch zu machen. Die gute Absicht könne sich damit ins Gegenteil verkehren. Er sah die Gefahr von einer immer weiter sinkenden Zustimmung zur EU. - eub -