3.Workshop „Wir in Europa“
Ein Beitrag zu den Programmdebatten der Europa-Union Deutschland
und der Jungen Europäischen Föderalisten
Seit 1946 haben sich nicht nur Europa und die Welt, sondern auch unsere Verbände stark gewandelt. Die Europäische Union hat sich durchaus in Richtung der Hertensteiner Ziele entwickelt. Bis zu einer vollen Verwirklichung bleibt allerdings noch viel zu tun.
These 1: Das Hertensteiner Programm bleibt Bezugspunkt für unsere grundlegenden Ziele, bedarf aber der Konkretisierung für die kommenden Jahre und Jahrzehnte.
Die wichtigste Leistung der Europäischen Union bleibt die Sicherung des Friedens in Europa. Als Legitimation für die weitere europäische Integration ist die Friedenssicherung unverändert wichtig, zugleich aber nicht mehr ausreichend, gerade für junge Bürger/innen Europas.
These 2: Unsere Rolle ist es, die Chancen der Globalisierung und ihrer Gestaltung aufzuzeigen, weil darin der große Mehrwert der EU in der Zukunft liegen kann.
Als größte Stadt und Hauptstadt Deutschlands bietet uns Berlin diverse Vorzüge, u. a. kurze Wege und die höchste Konzentration an politischen Mandatsträger/innen, Expert/innen und an Politik interessierten Menschen.
Wir sind auch deshalb erfolgreich, weil wir unsere Mitglieder immer besser in unsere konkrete Arbeit einbinden und so aktivieren. Wertvoll sind Erfahrungen von Mitgliedern, die Politik und (andere) Verbände schon durch eigene Mitarbeit kennen.
These 3: Gerade um stärker nach außen zu wirken, brauchen wir mehr Mitglieder, z. B. für Unterschriftensammlungen, Infostände und Meinungsvielfalt in Diskussionen. Als Multiplikatoren und Organisatoren brauchen wir gegenwärtige und ehemalige Amtsträger/innen aus Politik und Zivilgesellschaft als Mitglieder.
Die JEB pflegt den innerverbandlichen Austausch durch jährliche Besuche bei anderen JEF-Sektionen. Das Pfingstseminar der EUB stößt inzwischen bundesweit auf Interesse.
These 4: Partnerschaften zwischen Sektionen innerhalb von UEF und JEF Europa fördern die Intensivierung des Verbandslebens und den Austausch in konkreten gemeinsamen Projekten.
Die Verbandsarbeit innerhalb der EUD wird zwar einerseits als Pflege der kulturellen Vielfalt Europas gesehen, um die Ernüchterung über die Möglichkeiten der politischen Integration nach dem gescheiterten Verfassungsvertrag und der schwierigen Geburt des Lissabon-Vertrages zu überdecken. Andererseits steht Europa vor dem Dilemma, bei sinkender Zustimmung für weitere Integration, nur durch eine stärkere Zusammenarbeit und eine vertiefte Integration die gegenwärtige Krise lösen zu können.
These 5: Unsere Arbeit muss politischer werden. Wir können nicht für „mehr Europa“ sein ohne zu sagen, wohin und wofür. Dafür müssen wir klären, wie sich unsere Themen und Herangehensweise von politischen Parteien unterscheiden, während wir aber zugleich mit ihnen zusammenarbeiten statt an ihnen vorbei. Günstig sind Themen, bei denen wir als kompetent gelten und Gehör finden.
Unser Erfolg beruht auf Projekten, die geradezu Markenzeichen des Verbandes geworden sind, z. B. die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP), die Diskussionsabende mit den Botschaftern des jeweiligen Landes der Ratspräsidentschaft oder die Betreuung des Europäischen Wettbewerbs an den Schulen.
These 6: Eine Konzentration auf zentrale Themen und Projekte bringt uns eher voran als der Versuch, alles (gleichzeitig) abdecken zu wollen. Statt auf mehr Projekte sollten wir auf eine größere öffentliche Reichweite unserer Arbeit orientieren und auch Kontroversen nicht scheuen.
Unser Ziel sollte es sein, mehr Menschen über den engen Kreis politisch interessierter und vorgebildeter Personen hinaus zu erreichen, gleichzeitig aber unsere engen Verbindungen zu politischen Entscheidungsträger/innen durch die Parlamentariergruppen, Europa-Professionell und das Netzwerk Europäische Bewegung stärker nutzen.
These 7: Wir wollen sowohl Aktivisten als auch Lobbyisten sein und für Europa sowohl auf der Straße als auch in Parlamentsausschüssen werben.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass z. B. Schulbesuche und öffentliche Vorträge Mittel sind, mit denen wir gut im Rahmen unserer besonderen Kompetenzen und Mittel nach außen wirken können. Intensive Aufgabenteilung machen unsere größten Veranstaltungen überhaupt erst möglich.
These 8: Mit internen Strukturänderungen können wir unsere Wirksamkeit erhöhen. Vorstandsmitglieder sollten konkrete Verantwortungsbereiche übernehmen. Für Vorträge in Schulen etwa könnten wir einen Expert/innenpool auf unserer Homepage präsentieren.
Besser genutzt werden sollten die Möglichkeiten der Europäischen Akademie Berlin oder des Instituts für Europäische Politik. Seine Studien, z. B. darüber inwieweit Europa für Deutschland von Vorteil ist, haben ein großes Potential für unsere Verbandsarbeit.
These 9: Das Institut für Europäische Politik kann unserer inhaltlichen Arbeit durch Referent/innen und Studien wichtige Impulse nach innen und außen geben.
Protokoll: Christian Beck
Synthesepapier Programmdebatte Workshop "Wir in Europa" als pdf
2.Workshop "Grenzen und Identität der EU"
Ein Beitrag zu den Programmdebatten der Europa-Union Deutschland
und der Jungen Europäischen Föderalisten
Am Dienstag, 31. Mai 2011, diskutierten die Mitglieder der Europa-Union Berlin (EUB) und der Jungen Europäischen Bewegung Berlin-Brandenburg (JEB) auf dem zweiten Workshop zur Programmdebatte zum Thema „Grenzen und Identität der EU“. Neben Erweiterungsfragen standen dabei die inneren Herausforderungen der Union, die Frage nach den Elementen einer europäischen Identität sowie die Herausforderung der europäischen Sprachenvielfalt im Zentrum der Diskussion.
Den zweiten Workshop zur Programmdebatte eröffnete die Landesvorsitzende der Europa-Union Berlin, Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, mit Blick auf das Hertensteiner Programm. Das dortige Postulat der Beitrittsoffenheit der Europäischen Union für alle „Völker europäischer Wesensart“ (These 5), stellte sie den Formulierungen der Artikel 2 und 49 des EU-Vertrags gegenüber. Der Einleitung schlossen sich die beiden Impulsreferate von Theresa Hurtado Martínez, stellvertretende Vorsitzende der JEB, und Dr. Otto Schmuck, Mitglied im Präsidium der Europa-Union Deutschland, an.
Theresa Hurtado Martínez näherte sich dem Thema in zwei Schritten. Als erstes fragte sie nach dem Vorhandensein einer europäischen Identität und kam zu einem ernüchternden Ergebnis. Während unter den Mitgliedern von Europa-Union und JEB daran kein Zweifel bestehen könne, so sei diese bei einem Großteil der Bevölkerung noch nicht ausgeprägt. Viele Unionsbürgerinnen und -bürger identifizierten sich noch nicht mit der Union. Vielmehr drohe der derzeit zunehmende Euroskeptizismus bei den jungen Generationen die bisherigen Fortschritte zu unterminieren. Im zweiten Schritt stellte sie die Frage, ob denn bereits innerhalb der Europäischen Union alle Grenzen überwunden seien oder nicht auch dort noch Aufgaben für uns vorlägen. Hier seien die jüngste Wiedereinführung der Grenzkontrollen an den dänischen Außengrenzen aber auch die Tendenz, immer ‚andere‘ für aktuellen Krisen verantwortlich zu machen, zu nennen. Ihr Impulsvortrag schloss mit einem Aufruf angesichts der aktuellen Herausforderungen nicht zu resignieren, sondern die Krisen als Chance für neue Fortschritte zu sehen.
Otto Schmuck begann seinen Vortrag mit der Frage nach der Definition ‚europäischer Identität‘ durch das Hertensteiner Programm. Den dort genannten Elementen stellte er die Elemente gegenüber, die aus seiner Sicht den Kern einer europäischen Identität im 21. Jahrhundert bilden: europäische Werte, Politikziele, demokratische Verfahren, Symbole und ein europäisches Gesellschaftsmodell. Wobei sich gerade mit Blick auf die Werte die Frage nach ihrer Universalität stelle. Trotz der zunehmenden Euroskepsis sei die Union jedoch eine Schicksalsgemeinschaft, die zeigen müsse, dass sie den Bürger/innen nutzt. Dabei werde jedoch allzu oft übersehen, dass die Union für Viele durchaus die Verheißung eines guten Lebens sei. Aber auch den internen Herausforderungen müsse die Union gerecht werden: Die „Einheit in Vielfalt“ zu schaffen sei eine beständige Aufgabe. Angesichts der Notwendigkeit einer europäischen Öffentlichkeit stelle sich die Frage nach einer gemeinsamen Verständigungssprache, und das Ziel müsse die Schaffung eines Bürgerstaates sein.
In der sich den Impulsen anschließenden regen Diskussion wurden viele der in den Impulsen angerissenen Themen kontrovers diskutiert, sodass Fragen für die weitere Programmdebatte gesammelt werden konnten. Einstimmigkeit herrschte jedoch in der Feststellung, dass der Begriff der „europäischen Wesensart“ nicht mehr zeitgemäß ist und deshalb ersetzt werden solle. Als Elemente, die dieser neue Begriff umfassen müsse, wurden die europäischen Werte, die europäischen Symbole sowie das Leitbild „Einheit in Vielfalt“ genannt. Dabei stelle sich einerseits die Frage, gegenüber welchem ‚Anderen‘ das ‚Europäische‘ abgegrenzt werden solle und inwiefern einzelne Elemente der europäischen Werte nicht universell seien. In engem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, ob Europa-Union und JEF nicht den Mut haben müssten, sich zu einer Finalität zu bekennen. Wichtige Kriterien für kommende Erweiterungen seien dabei die Aufnahmefähigkeit und die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft sowie die Anerkennung der europäischen Werte durch die EU-Mitglieder. Auch das Verhältnis der Europäischen Union zu einer Weltföderation müsse das kommende Grundsatzprogramm definieren. Es sei sicherlich kein gangbarer Weg, die EU durch immer neue Erweiterungen nach und nach zur Weltföderation zu machen. Vielmehr müssten sich innerhalb der Weltföderation, die aus der UNO hervorgehen müsste, verschiedene regionale Föderationen zusammenschließen. Unter diesen käme der EU aufgrund ihrer Erfahrung sicherlich eine Vorbildrolle zu.
Über all diesen Fragen dürfe aber auch das Verhältnis der Union zu ihren Bürger/innen nicht vernachlässigt werden. Durch ein Europa der Projekte müsste den Unionsbürger/innen der konkrete Nutzen der Union verdeutlicht werden ,und eine demokratische Union müsse die Bürger/innen direkter ansprechen. Dazu müsse aber unbedingt das Erlernen von Fremdsprachen gefördert werden.
Protokoll: Julian Plottka
Bericht Programmdebatte Workshop „Identität und Grenzen Europas“ als pdf
Synthesepapier Programmdebatte Workshop „Identität und Grenzen Europas“ als pdf
1.Workshop „Die EU – mehr als ein Friedensprojekt? Herausforderung Globalisierung“
Ein Beitrag zu den Programmdebatten der Europa-Union Deutschland
und der Jungen Europäischen Föderalisten
Seit Verabschiedung des Hertensteiner Programms hat sich das globale Umfeld der Europäischen Union grundlegend gewandelt. Die Zahl der relevanten Akteure ist gewachsen, die Bipolarität des Ost-West-Konflikts hat sich zu einem multipolaren Umfeld gewandelt, der Handel aber auch die Verbreitung von Ideen beschleunigen sich zunehmend und ihnen stehen immer weniger Hindernisse entgegen, die Welt sieht sich mit einer Vielzahl von Problemen der „reflexiven Modernisierung“ konfrontiert. Dadurch überwältigt die Bürgerinnen und Bürger auf der individuellen Ebene immer mehr ein Gefühl der Ohnmacht und Überforderung, der Nationalstaat als Kollektivakteur verliert analog dazu immer mehr die Fähigkeit zu selbst bestimmtem Handeln und ist den anstehenden Herausforderungen allein nicht mehr gewachsen.
These 1: Die europäische Integration ist der Schutzschild, den Europa gegen die negativen Folgen der Globalisierung aufspannt, der die Individuen schützt und die Staaten wieder handlungsfähig macht.
Dieser Schutzschild bedeutet nach innen wie nach außen eine kontinuierliche Verantwortung und Aufgabe für ein föderales Europa, an sich selbst zu arbeiten. Die Union vereint eine Vielzahl von Nationen, Kulturen, Weltanschauungen, et cetera deren Zusammenleben der gegenseitigen Rücksichtnahme bedarf. Dies kann nur gelingen, wenn die Werte der Union aus Art. 2 EU-Vertrag und der Leitspruch „In Vielfalt geeint“ durch die Gemeinschaft gelebt werden. Dies gilt nicht allein für das Handeln nach innen, sondern Europa kann nur dann eine überzeugende Wertegemeinschaft sein, wenn es auch den Partnern in aller Welt denselben Respekt wie den eigenen Bürgerinnen und Bürgern erweist. Nicht zuletzt hat die Geschichte gezeigt, dass Europa historisch von Phasen der Offenheit gegenüber Neuem profitiert hat.
These 2: Europa kann nur für seine Werte und im Einklang mit diesen werben, wenn es offen für den Dialog mit Anderen ist und der eigene Erfolg zum wichtigsten Argument für die europäische Wertegemeinschaft wird.
Daneben basiert der Erfolg Europas im selben Maße auf dem Wohlstand, den es seinen Bürgerinnen und Bürgern bringt. Angesichts der skizzierten Herausforderungen bedarf es aber zunehmender Anstrengungen diesen zu erhalten und weiter auszubauen. Deshalb muss Europa auch in diesem Bereich an sich arbeiten. Aber auch hier zeigt der Erfolg, dass Europa anderen Staaten als positives Beispiel für eine Entwicklungsperspektive dienen kann.
These 3: Europa bedarf einer erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialpolitik, um die eigene Wohlfahrt unter zunehmender globaler Konkurrenz zu sichern und um als Entwicklungsmodell für andere Regionen und Staaten attraktiv zu sein.
Vertraut Europa allein auf die überzeugende Kraft der eigenen Werte und die Attraktivität des eigenen Wohlfahrtsmodells, so läuft es Gefahr, den handfesten Interessen anderer Regionen und Staaten zu unterliegen. Europa muss deshalb, wenn es sein erfolgreiches Modell regionaler Integration dauerhaft sichern möchte, die eigenen Interessen anderen Akteuren gegenüber selbstbewusst vertreten. Dabei gilt es eine Balance zu finden zwischen dem selbst auferlegten Verzicht auf Machtpolitik, verstanden als Dominanz anderer, auf der einen Seite und einem naiven Verzicht auf die selbstbewusste Vertretung der eigenen Interessen, bei der Europa Gefahr läuft von anderen dominiert zu werden, auf der anderen Seite.
These 4: Europa muss eine Politik zur selbstbewussten Vertretung der eigenen Interessen finden, die jedoch auf die Dominanz anderer Akteure verzichtet.
Um diese Balance zu finden, bedarf die Europäische Union einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, die es der Union ermöglicht geschlossen und schnell zu handeln. Dies wird solange nicht möglich sein, solange eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik hinter den nationalen Egoismen jedes einzelnen Mitgliedstaates zurückstehen muss, weil jeder über ein Veto im Rat verfügt. Das intergouvernementale Prinzip läuft der Effizienz politischer Entscheidungen und der Geschlossenheit Europas zuwider. Erst durch die Anwendung der Gemeinschaftsmethode für den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wird die institutionelle Grundlage für ein selbstbewusstes und den Zielen der Union dienendes Auftreten der Europäischen Union auf globaler Ebene geschaffen.
These 5: Europa ist auf globaler Ebene erst handlungsfähig, wenn die die Gemeinschaftsmethode auch in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik angewandt wird.
Dass die Gemeinschaftsmethode der Schlüssel zu einer effizienten und geschlossenen Politik ist, die dann sowohl durch ihren Erfolg als auch durch die Beteiligung direkt gewählter Abgeordneter legitimiert wird, zeigen viele Politikbereiche bereits heute. Dieser Fortschritt, der uns heute recht gibt weiter zu denken, beruht auf den Visionen von 1946 und dem Mut und der Beharrlichkeit der Gründunsgsväter und -mütter. Dies muss auch das neue Grundsatzprogramm anerkennen und würdigen.
These 6: Die Erfolgsgeschichte der Union ist die Basis auf der sich Europa den anstehenden Herausforderungen stellen kann. Die Visionen und Leistungen der Gründungsväter und -mütter haben auch heute ihre Bedeutung nicht verloren.
Gleichzeitig sind die Erfolge und Fortschritte zur Normalität geworden. Frieden, Wohlstand und Reisefreiheit haben nicht mehr den visionären Charakter von einst. Für Jugendliche, die ihr erstes Taschengeld in Euro erhielten, ist dieser Gründungsmythos nicht mehr erlebbar. Sie betrachten die europäische Integration vielmehr als institutionalisierte Form der Globalisierung und damit als Teil des Problems und nicht als die Lösung, die sie ist. Dieses Missverständnis gilt es aufzuklären.
These 7: Die Menschen für Europa zu begeistern ist eine der, wenn nicht die zentrale Aufgabe der Europa-Union und der Jungen Europäischen Föderalisten als gesellschaftlichen Akteuren.
Protokoll: Julian Plottka